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Channel: Diäten – Mädchenmannschaft
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2013: Lieber ohne Diätenquatsch

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Dieser Text ist Teil 10 von 16 der Serie (Mein) Fett ist politisch

Wisst ihr, was ich gerne esse? Soya-Geschnetzeltes mit Knödeln und Rotkohl. Eine dicke Sahne­sauce darf nicht fehlen. Und Haloumi, ein salziger, knirschiger Käse, am liebsten im Fladenbrot mit Erdnuss­sauce. Eine riesige Portion Sushi würde ich auch nie stehen lassen. Ich liebe Salat. Mit Mozzarella. Oder Feta. Eine Freundin macht die beste vegane Nougat­butter­creme-Torte der Stadt. Davon esse ich auch gerne mal zwei Stück.

Warum ich euch das erzähle? Um uns daran zu erinnern, dass es OK ist, all diese Leckereien zu mögen, zu genießen – und zwar ohne schlechtes Gewissen. Das wissen zwar die meisten von uns (na gut: also zumindest theoretisch), aber diese ätzenden Fitness­studio-Poster mit ihren lächerlich-individualistischen Bot­schaften (McFit: “Zwischen dir und deinem Ziel steht nur eine Person: Du”) und die nerv­tötenden Weight Watchers Werbungen, die pünktlich zum Jahres­beginn auf allen TV-Sendern hoch- und runter dudeln, ­reden uns ohne Pause (und ungefragt!) ein, dass diese “Festtags-Pfunde” unbedingt weg­müssen.

Da verklickert uns zum Beispiel die Moderatorin Bärbel Schäfer in ihrem Weight Watchers Werbespot, dass sie nach der Schwanger­schaft mal wieder was für sich tun wollte. Und nee: Sie meint damit nicht, endlich Schlag­zeug zu lernen oder mit Freundinnen einen Roadtrip an die Ostsee zu machen, sondern formuliert lieber eine Kampf­ansage an ihren Körper: Das “Hüftgold” m.u.s.s. weg. Wo kämen wir denn auch hin, wenn die frisch ge­backene Mama dick und echt zu­frieden mit ihrem Leben wäre? Dafür fehlt uns die Vorstellungs­kraft, denn schlank sein ist immer noch so un­trennbar mit ‘schön’, ‘gut’ und ‘erstrebens­wert’ ver­flochten, dass die Idee einer dicken, gesunden und glücklichen Frau wie ein schlechter Brüller bei einer Kneipen­sause wirkt.

Der ehemalige Profi-Fußballer Oliver Kahn stellt in seinem Werbespot fest

„Bei mir hat es klick gemacht, als ich gemerkt habe, dass Weight Watchers Online auch für Männer funktioniert.”

Lasst die Sekt­korken knallen – aber nur ein Gläschen pro Person (110 kcal) - denn 16 Euro plus Anmelde­gebühr soll selbst­verständlich nicht nur den Ladies vor­enthalten bleiben: Gleich­berechtigung muss sein!!!!!!!!!!!!1!!

Echt ey, wenn ich ehrlich bin, ist es mir schnuppe, ob Menschen sich privat für eine Diät ent­scheiden, auch wenn ich da so eins (ok, wenn ich ehrlich bin:) zehn kritische Gedanken teilen würde, wenn mensch mich fragt. Ich kenne den (gesellschaftlichen) Druck ab­zunehmen und kann es keiner* persönlich verübeln, wenn sie diesem Druck nach­gibt und Punkte für 16 Euro im Monat zählen möchte. Scheiße sind nämlich Diäten und nicht die Menschen, die da reinge­zwungen werden.

Was ich aber ganz und gar nicht knorke finde, ist dieses öffent­liche Zelebrieren der perfekten™ Figur: durch Werbung, Ärzt_innen und auch privaten Gesprächen, so im Stil “Das Stück Kuchen muss ich mir ver­kneifen, der wandert nämlich direkt von meinem Mund auf die Hüfte.”

Mich nervt diese Diät-Propaganda, dieses Streben nach Aner­kennung durch Hungern und dieser Wunsch nach schmalen Hüften. Alles Resultat einer medial und medizinisch gesteuerten Körper­politik, die viele Menschen zu Verlierer_innen eines Normierungs­systems macht und die meisten von uns permanent beschäftigt hält.

Eine Anmeldung bei Weight Watchers kostet rund 46 Euro für den ersten Monat und 16 Euro für jeden weiteren Monat. Stellt euch mal vor, was mensch sich dafür alles kaufen kann! Zum Beispiel Eis-Creme mit Streuseln und Sahne für das ganze Mädchenmannschafts-Team. Ich finde, dass das gut klingt für einen zucker­süßen Start ins Jahr 2013. Ich hoffe, dass ihr gut gerutscht seid und geschlemmt habt, was auch immer ihr schlemmen wolltet.

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