Wisst ihr, was ich gerne esse? Soya-Geschnetzeltes mit Knödeln und Rotkohl. Eine dicke Sahnesauce darf nicht fehlen. Und Haloumi, ein salziger, knirschiger Käse, am liebsten im Fladenbrot mit Erdnusssauce. Eine riesige Portion Sushi würde ich auch nie stehen lassen. Ich liebe Salat. Mit Mozzarella. Oder Feta. Eine Freundin macht die beste vegane Nougatbuttercreme-Torte der Stadt. Davon esse ich auch gerne mal zwei Stück.
Warum ich euch das erzähle? Um uns daran zu erinnern, dass es OK ist, all diese Leckereien zu mögen, zu genießen – und zwar ohne schlechtes Gewissen. Das wissen zwar die meisten von uns (na gut: also zumindest theoretisch), aber diese ätzenden Fitnessstudio-Poster mit ihren lächerlich-individualistischen Botschaften (McFit: “Zwischen dir und deinem Ziel steht nur eine Person: Du”) und die nervtötenden Weight Watchers Werbungen, die pünktlich zum Jahresbeginn auf allen TV-Sendern hoch- und runter dudeln, reden uns ohne Pause (und ungefragt!) ein, dass diese “Festtags-Pfunde” unbedingt wegmüssen.
Da verklickert uns zum Beispiel die Moderatorin Bärbel Schäfer in ihrem Weight Watchers Werbespot, dass sie nach der Schwangerschaft mal wieder was für sich tun wollte. Und nee: Sie meint damit nicht, endlich Schlagzeug zu lernen oder mit Freundinnen einen Roadtrip an die Ostsee zu machen, sondern formuliert lieber eine Kampfansage an ihren Körper: Das “Hüftgold” m.u.s.s. weg. Wo kämen wir denn auch hin, wenn die frisch gebackene Mama dick und echt zufrieden mit ihrem Leben wäre? Dafür fehlt uns die Vorstellungskraft, denn schlank sein ist immer noch so untrennbar mit ‘schön’, ‘gut’ und ‘erstrebenswert’ verflochten, dass die Idee einer dicken, gesunden und glücklichen Frau wie ein schlechter Brüller bei einer Kneipensause wirkt.
Der ehemalige Profi-Fußballer Oliver Kahn stellt in seinem Werbespot fest
„Bei mir hat es klick gemacht, als ich gemerkt habe, dass Weight Watchers Online auch für Männer funktioniert.”
Lasst die Sektkorken knallen – aber nur ein Gläschen pro Person (110 kcal) - denn 16 Euro plus Anmeldegebühr soll selbstverständlich nicht nur den Ladies vorenthalten bleiben: Gleichberechtigung muss sein!!!!!!!!!!!!1!!
Echt ey, wenn ich ehrlich bin, ist es mir schnuppe, ob Menschen sich privat für eine Diät entscheiden, auch wenn ich da so eins (ok, wenn ich ehrlich bin:) zehn kritische Gedanken teilen würde, wenn mensch mich fragt. Ich kenne den (gesellschaftlichen) Druck abzunehmen und kann es keiner* persönlich verübeln, wenn sie diesem Druck nachgibt und Punkte für 16 Euro im Monat zählen möchte. Scheiße sind nämlich Diäten und nicht die Menschen, die da reingezwungen werden.
Was ich aber ganz und gar nicht knorke finde, ist dieses öffentliche Zelebrieren der perfekten™ Figur: durch Werbung, Ärzt_innen und auch privaten Gesprächen, so im Stil “Das Stück Kuchen muss ich mir verkneifen, der wandert nämlich direkt von meinem Mund auf die Hüfte.”
Mich nervt diese Diät-Propaganda, dieses Streben nach Anerkennung durch Hungern und dieser Wunsch nach schmalen Hüften. Alles Resultat einer medial und medizinisch gesteuerten Körperpolitik, die viele Menschen zu Verlierer_innen eines Normierungssystems macht und die meisten von uns permanent beschäftigt hält.
Eine Anmeldung bei Weight Watchers kostet rund 46 Euro für den ersten Monat und 16 Euro für jeden weiteren Monat. Stellt euch mal vor, was mensch sich dafür alles kaufen kann! Zum Beispiel Eis-Creme mit Streuseln und Sahne für das ganze Mädchenmannschafts-Team. Ich finde, dass das gut klingt für einen zuckersüßen Start ins Jahr 2013. Ich hoffe, dass ihr gut gerutscht seid und geschlemmt habt, was auch immer ihr schlemmen wolltet.